Kinesiologisches Taping des Hüftbeugers

Kinesiologisches Taping des Hüftbeugers

Der Hüftbeuger wird auf lateinisch als Musculus IIiopsoas bezeichnet. Er besteht aus mehreren Muskeln und bildet eine der wichtigsten Muskelgruppen in unserem Körper. Für die Beweglichkeit des Hüftgelenks ist der Hüftbeuger verantwortlich.

Insgesamt besteht der Hüftbeuger aus drei Muskeln: dem Darmbeinmuskel (Musculus IIiacus), dem kleinen Lendenmuskel (Musculus psoas minor) sowie dem großen Lendenmuskel (Musculus psoas major). Die Muskeln dienen dem Hochheben des Knies sowie der Beugung des Oberschenkels. Für die Auswärtsdrehung der Hüfte ist der Darmbeinmuskel verantwortlich. Der große Lendenmuskel sorgt hingegen für eine Beugung beziehungsweise Seitenneigung der Wirbelmuskulatur bei Anspannung.

Außerdem gilt der Lendenmuskel (Musculus psoas major) als der größte Hüftbeuger-Muskel. Er unterstützt die Stabilisation der Lendenwirbelsäule. Der Lendenmuskel beginnt am untersten Brustwirbel (Th12) sowie an den vier obersten Lendenwirbeln (L1-4). Er erstreckt sich über den Beckenring bis zur Innenseite des Oberschenkelknochens. Der Musculus psoas major kann sich sowohl strecken als auch verkürzen. Der große Lendenmuskel ermöglicht, dass die Beine in Richtung Oberkörper bewegt werden können. In diesem Zuge spannt sich der Muskel an und verkürzt bzw. beugt sich. Im Gegensatz dazu wird beim Stehen oder Liegen der Muskel langgestreckt. Das Wechselspiel zwischen Streckung und Beugung sorgt für die Funktionstüchtigkeit der Muskeln. Dadurch entsteht ein Gleichgewicht.

Rückenschmerzen bedingt durch verkürzten Hüftbeuger

Rückenleiden stellen in Deutschland eine echte Volkskrankheit dar. Bei der Betrachtung der Arbeitsunfähigkeitstage sind Rückenbeschwerden eine der häufigsten Ursachen. Rückenschmerzen zählen zu den Krankheiten der Wirbelsäule und beinahe jeder dritte Erwachsene leidet öfter oder ständig an Rückenbeschwerden. Rückenschmerzen können durch mangelnde Bewegung, zu schwach oder falsch trainierte Muskeln oder verkürzte Hüftbeuger-Muskeln entstehen. Verkürzte Hüftbeuger-Muskeln erzeugen Rückenschmerzen bzw. Rückenleiden, indem sie die Wirbelsäule in eine ungünstige und ungesunde Lage ziehen.

Verkürzung des Hüftbeugers durch lange sitzende Tätigkeiten

Dauerhaftes und langes Sitzen ist ein Risikofaktor für das Auftreten von Rückenschmerzen. Bei einer häufig und wiederkehrenden Körperhaltung ist der IIiopsoas stark angespannt und gebeugt. Wird nicht ausreichend Bewegung und Sport betrieben, verkürzt sich der IIiopsoas. Bei einem verkürzten Hüftbeuger ist im Stehen keine komplette Streckung mehr möglich. Die veränderte Körperhaltung führt häufig zu Verspannungen der Muskulatur im Rücken, da die Wirbel und Bandscheiben stark beansprucht werden. Daraus können Bandscheibenvorfälle sowie Schmerzen im IIiosakralgelenk im Hüftbereich resultieren. Der verkürzte Hüftbeuger zieht die Wirbel, an denen er befestigt ist, nach vorne. Der Oberkörper kommt in eine veränderte Körperhaltung mit Vorwärtsneigung (Hohlkreuz).

Muskuläres Ungleichgewicht zwischen Hüftbeuger und Hüftstrecker

Die Hüftgelenke können als Verbindung zwischen Beinen und Oberkörper angesehen werden. Daher trägt die Hüftmuskulatur sowohl für Geh- und Laufbewegungen, als auch für die aufrechte Körperhaltung Sorge. Beim Laufen wird die hüftbeugende sowie hüftstreckende Muskulatur benötigt. Diese arbeiten eng zusammen. Die Muskeln kontrahieren und entspannen sich wieder. Bei Rückenschmerzen ist Bewegung wichtig, um die ursprüngliche Funktion der Muskeln wiederherzustellen. Das Gleichgewicht zwischen den Hüftmuskeln wirkt sich umfassend auf die Haltung aus. Für eine aufrechte Haltung müssen sich die Hüftgelenke beim Stehen durchstrecken können. Dies bedingt eine waagerechte Position des Beckens, sodass sich die Wirbelsäule mühelos und natürlich aufrichten kann.

Hüftbeuger weisen ein erhöhtes Risiko für eine chronische Verkürzung auf. Eine dauerhafte Verkürzung führt dazu, dass die gegenspielenden Hüftstrecker nachgeben. Daraus resultiert eine unnatürlich Verlängerung der Hüftstrecker, sodass diese an Spannung verlieren. Langfristig erschlaffen die Hüftstrecker. Die dadurch entstehende fehlende Spannung und Kraft bewirkt eine zunehmende Verkürzung der Hüftbeuger.

Der Körper passt sich den äußeren Einflüssen stetig an. Das heißt, wenn der ganze Tag im Sitzen verbracht wird, stellt sich der Körper auf die neue Körperhaltung ein. Er reguliert die Längen- und Spannungsverhältnisse der Hüftbeuger und Hüftstrecker, entsprechend der angenommenen Haltung. Daher ist es wichtig, vermehrter Sitzhaltung, beispielsweise durch Schreibtischarbeiten, mit ausreichend Sport entgegenzuwirken. Ansonsten eignet sich der Körper die Position des Sitzens als normale Körperhaltung an und die Muskulatur gerät ins Ungleichgewicht, sodass eine aufrechte Körperhaltung nicht mehr mühelos erfolgen kann. Die veränderte Körperhaltung bleibt nicht die einzige Folge. Die Veränderung der Körperhaltung wirkt stark auf die Bandscheibe und die Wirbel im Lendenbereich ein. Als Folge können schmerzhafte Verspannungen der Rücken- oder Nackenmuskulatur auftreten. Außerdem kann es zu Schmerzen im Iliosakralgelenk an den Oberschenkeln oder im Hüftbereich sowie zu Bandscheibenvorfällen kommen. Abnutzungserscheinungen des Knorpelgewebes oder der Gelenkflächen sind weitere negative Auswirkungen einer Dysbalance der Hüftmuskulatur.

 

Präventionsmaßnahmen für die Entstehung verkürzter Hüftbeuger

Verkürzte Hüftbeuger entstehen oft durch mangelnde Bewegung und dauerhaftes Sitzen. Um dauerhaftem Sitzen am Arbeitsplatz in monotoner Haltung vorzubeugen, variieren Sie Ihre Sitzpositionen und Sitzmöglichkeiten sowie Körperhaltungen am Arbeitsplatz. Höhenverstellbare Tische ermöglichen einen Wechsel zwischen sitzender und stehender Tätigkeit. Spazierengehen und ausreichende sportliche Betätigungsind ebenso Präventionsmaßnahmen in Bezug auf verkürzte Hüftbeuger. Beim Arbeiten im Sitzen ist besondere Vorsicht geboten. Der Stuhl, auf dem Sie sitzen, sollte so eingestellt werden, dass ihr Rücken in höchstmöglicher Bewegung ist. Dynamisches Sitzen ist das richtige Sitzen. Gezielte und effektive Übungen zur Dehnung des Hüftbeugers sollten ebenso genutzt werden (z.B. großer Ausfallschritt).

Therapie/Behandlung von Schmerzen im Hüftbeuger

Die Wahl der Behandlung hängt im Wesentlichen von der Erkrankungsursache ab. Bei Rückenschmerzen, die durch einen verkürzten Hüftbeuger verursacht sind, können kurzfristig die Einnahme von Schmerzmitteln sowie Massagen helfen. Für eine langfristige Reduzierung der Schmerzen sollten die verkürzten Hüftbeuger-Muskeln gedehnt werden, sodass diese in die ursprüngliche Länge gebracht werden. Dazu sollten regelmäßige Übungen erfolgen, bei denen die Hüftbeuger-Muskeln gedehnt und gekräftigt werden. Dazu kann eine Physiotherapeutin oder Orthopädin einen gezielten Trainingsplan aufstellen. Um die Hüftbeuger aus ihrer Verkürzung zu befreien ist es wichtig, dass die Hüftbeuger in Verlängerung trainiert werden. Ebenso sollten die Hüftstrecker trainiert werden, da diese durch die sitzende Tätigkeit an Kraft verlieren. Eine gezielte Übung für das Dehnen und Kräftigen des Hüftbeugers ist z. B die einbeinige Kniebeuge. Kinesiologie Tapes können bei Beschwerden im Hüftbeuger als Ergänzung hinzugezogen werden.

Kinesiologisches Taping bei Schmerzen im Hüftbeuger

Allgemeine Schmerzen im Hüftbeuger können behandelt werden, indem dieser getapt wird. Schmerzen, welche durch einen verletzten Hüftbeuger auftauchen, können ebenfalls gut durch Taping behandelt werden. Mithilfe der Nutzung kinesiologischer Tapes werden die natürlichen Heilungsprozesse des Körpers aktiviert und unterstützt. Diese sollen dabei die Durchblutung im Hüftbeuger fördern. Des Weiteren können die Tapes den Druck von der schmerzenden bzw. entzündeten Stelle nehmen und sollen dabei eine Schmerzreduktion herbeiführen. Eine langfristige Stärkung beziehungsweise Stabilisierung des Hüftbeugers kann infolge der Nutzung kinesiologischer Tapes erfolgen. Kinesiologisches Taping sollte in Kombination mit anderen Therapiemethoden Anwendung finden.

Allgemeine Hinweise zur Nutzung von Kinesiologie Tapes

Bei der alternativ medizinischen Therapiemethode des kinesiologischen Tapings sollten einige Hinweise beachtet werden. Vor der Anwendung sollte eine gründliche Enthaarung der Körperregion erfolgen, sodass die Tapes besser auf der Haut haften. Cremes sollten komplett von der Haut entfernt werden, da diese die Haltedauer reduzieren können. Kinesiologie Tapes sind allgemein gut hautverträglich. Tritt im Anwendungsprozess eine Hautunverträglichkeit wie Juckreiz, Rötungen oder Ähnliches auf, sollte die Behandlung sofort beendet werden. Die Tapes sollten von ausgebildeten medizinischen Fachkräften professionell angebracht werden. Vom Tapen in Eigenregie wird abgeraten.

Kontraindikatoren sind offene Wunden, nicht verheilte Narben oder Hauterkrankungen, wie Psoriasis und Neurodermitis. Liegt eine dieser Kontraindikatoren vor, dann sollte von der Anwendung des kinesiologischen Tapings kein Gebrauch gemacht werden. Neben den genannten Kontraindikatoren ist das korrekte Anlegen der Tapes von hoher Bedeutung für den Therapieerfolg. Je nach Erkrankungsbild wählt die Physiotherapeutin oder Ärztin eine entsprechende Anlagetechnik aus. Kinesiologisches Taping ist bislang keine integrierte Behandlungsmethode im medizinischen Alltag der Orthopädie- oder Physiotherapiepraxen. Dies ist damit zu begründen, dass die Taping-Methode bislang nicht zur evidenzbasierten Medizin gehört, sondern eine ergänzende alternative Behandlungsmethode ist. Die Wirksamkeit der Tapes wurde wissenschaftlich noch nicht belegt. Dennoch gibt es einige Physiotherapeut*innen und Ärzt*innen, die auf den Nutzen der Tapes schwören und diese gerne im Praxisalltag verwenden. Positive Praxiserfahrungen sind der Grund für die Nutzung.

 

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