Kinesiologisches Taping wird im Sport unter anderem auch bei der Behandlung von Zerrungen angewendet. Der Begriff „Zerrung“ wird meist im Zusammenhang mit Verletzungen der Muskulatur benutzt, aber auch Gelenke und Bänder können von einer Zerrung betroffen sein. Die Muskelzerrung gehört zu den typischen Verletzungen im Sport. Hierbei ist eine gestörte Funktion der Muskelspindeln ursächlich. Diese sind im Gegensatz zu den Muskelfasen nicht in der Lage sich zu kontrahieren und ihre Länge zu verändern. Infolge einer schnellen und unkoordinierten Bewegung, beispielsweise beim Sprint, können sie einer schnellen Muskeldehnung und der veränderten Belastung nicht nachkommen. Zum Schutz einer Überdehnung wird durch das zentrale Nervensystem eine reflexartige Kontraktion des Muskels veranlasst – die Folge ist eine schlagartige Tonuserhöhung bzw. Muskelverhärtung. Charakteristisch ist hierbei ein allmählich zunehmendes Spannungsgefühl und Ziehen in der Muskulatur bis hin zu Schmerzen, Muskelkrämpfen und einer muskulären Funktionsstörung – die Muskelfasern bleiben jedoch intakt und werden nicht beschädigt.
Im Gegensatz zum Muskelfaserriss ist die Zerrung daher die leichteste Ausprägung der Muskelverletzungen. Die Gelenk- und Bänderzerrungen sind meist Folge einer Bewegung, bei der das natürliche Bewegungsausmaß überschritten wird und die gelenkstabilisierenden Bandstrukturen überdehnt werden. Häufig sind zum Beispiel das Umknicken im Sprunggelenk oder die Verdrehung des Knies solche Bewegungen, die zur Überdehnung führen. Das Gelenk schwillt in Folge dessen an, die Bewegungen sind eingeschränkt und werden von Schmerzen begleitet – ein Tape kann hier das überdehnte Gelenk stabilisieren.
Risikofaktoren und vorbeugende Maßnahmen
Beim Sport kann die Beachtung einiger Faktoren dabei helfen, einer Zerrung vorbeugen. Ein gutes Aufwärmprogramm bereitet beispielsweise optimal auf die sportliche Belastung vor. Vor allem sollte die Belastung beim Sport immer individuell an den Trainingsstatus des Sporttreibenden angepasst werden, um eine Überforderung auszuschließen. Gerade im Sommer bzw. bei warmen Temperaturen ist zudem auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr während des Sports zu achten, da es durch das vermehrte Schwitzen noch mehr als gewöhnlich zu einem Flüssigkeits- und Elektrolytverlust kommt, was das Risiko einer Zerrung erhöht.
Im Allgemeinen sind zudem eine gute gesundheitliche Verfassung und die passende Ausrüstung, inklusive passender Schuhe und Bekleidung, Voraussetzung für die sportliche Betätigung. Zur Wirksamkeit eines Dehnprogramms vor dem Sport lässt sich keine eindeutige Aussage treffen – zu bevorzugen ist hierbei aber, sofern Dehnungen durchgeführt werden, ein dynamisches Dehnen mit federndem Bewegungscharakter.
Die Behandlung einer Zerrung unterstützen mit kinesiologischen Tapes
Bevor das Tape zum Einsatz kommt, erfolgt die akute Behandlung generell nach der PECH-Regel. So sind zunächst eine sofortige Unterbrechung der sportlichen Aktivität (P=Pause), Kühlung (E=Eis) zur Schmerzlinderung und gegen die Schwellung, die Anlage eines Druckverbandes (C=Compression) und das Hochlagern (H) der betroffenen Extremität erforderlich. Ziel ist es, den Muskel zu entspannen und die Funktionseinschränkungen zu beseitigen. Je früher die Maßnahmen getroffen werden, desto besser. Bis zur vollständigen Ausheilung und Schmerzfreiheit sollte kein Sport getrieben werden. Zur Unterstützung in der Heilungsphase bietet sich darüber hinaus dann das kinesiologische Taping sehr gut an. Der gezerrte Muskel kann hierbei durch spezielle Tapeanlagen ergänzend zu anderen Maßnahmen weiterbehandelt werden.
Wie das Taping wirkt, ist noch nicht eindeutig wissenschaftlich geklärt. Aus Erfahrungen im praktischen Einsatz sollen kinesiologische Tapes vor allem bei einer Reihe von Beschwerden des Bewegungsapparates positiven Einfluss ausüben. Das kinesiologische Tape bewirkt eine leichte Anhebung der Haut und kann damit für eine verbesserte Zirkulation hinsichtlich der Stoffwechsellage und Durchblutung sorgen. Durch das Taping sollen daher Beschwerden wie Schmerzen und Schwellungen behandelbar sein. In der Regel wird die Behandlung mit Tapes durch Physiotherapeuten, Sporttherapeuten und Ärzte durchgeführt. Diese besitzen das nötige Wissen über anatomische Strukturen und Muskelverläufe, welches sehr wichtig ist, um die Muskulatur richtig und fachgerecht zu tapen sowie eine bestmögliche Wirkung des Tapes zu erzielen.
Ein typisches und häufiges Beispiel in der Praxis ist das Tapen des Beines nach einer Zerrung im Oberschenkel, bei der die vorderseitigen Strecker, die rückseitige Beugemuskulatur (Hamstring-Muskulatur) sowie die innenliegenden Adduktoren betroffen sein können. Die bunten Tape-Streifen werden dazu auf die Länge der entsprechenden Muskeln zugeschnitten und auf die Haut geklebt. Im Einzelnen muss man die Tapes dabei zuerst ohne Zug mit der Basis auf die Haut im Bereich des knöchernen Ansatzes der Muskulatur kleben und den Anker des Tapes unter leichter Dehnung im Verlauf des Muskels anbringen. Das Ende der Tapes wird ohne Zug im Bereich des Muskelursprungs aufgebracht.
Vor dem Tapen ist eine Enthaarung und Reinigung der Haut im zu behandelnden Areal nötig, damit das Tape gut haftet. Nach dem Anlegen des Tapes werden die Streifen noch einmal angerieben, um den Kleber zu aktivieren. Das Tape kann im Alltag ohne Einschränkungen getragen werden, selbst beim Duschen oder Baden. Es haftet einige Tage bis etwa eine Woche auf der Haut, was aber von der Pflege und Beanspruchung abhängig ist. Sobald sich das Tape zu lösen beginnt, kann es ausgetauscht werden. Die begleitende Taping-Behandlung kann so ca. zwei bis drei Wochen andauern – so lange kann die komplette Heilung der Muskelzerrung, je nach Ausprägung, in Anspruch nehmen. Sobald die Verletzung vollständig ausgeheilt und Schmerzfreiheit erreicht ist, kann wieder stufenweise mit dem Sport begonnen werden.